auch der exotischste exotik-trip wird irgendwann alltäglich. merke ich heute. michel arbeitet, ich mach nanny. der mutter-vater-kind-gruppe habe ich abgesagt, weil der kleine knispel nicht mal bahnhof versteht bei dem, was da vor sich geht.
besuchen den west-coast-park. weil er ein wenig weiter draussen ist. somit ruhig, schön. toller spielplatz, denke ich. alex kann an einem seil herumgondeln, ian im sand bohren, alles super. aber nix da. als wir ankommen, ist im angrenzenden amerikanischen schnellimbiss (der zuweilen fälschlicherweise als restaurant bezeichnet wird) unerwarteterdings die hölle los. eine horde schuluniformierter kleinasiaten nimmt den gesamten komplex lautstark in anspruch. totaler kack. also weiter. nix cappuccino für die nanny. der park ist genauso voll. überall schwirren kleine menschen herum. nehmen alles in beschlag. alex lässt sich nicht beirren, steigt auf die riesenkletterspinne und ist beschäftigt. ian hingegen ist müde und etwas hungrig. naja, geschredderte früchte dabei, beide langen zu. schieben weiter.
direkt angrenzend ist noch ein ausläufer des unglaublich grossen containerhafens. angeblich der grösste der welt. fängt im prinzip schon bei uns hinter unserer residenz an und ist bis zum park präsent. sehen den schiffen zu, während ian langsam herunterfährt. hören kampfflugzeuge. und ruckzuck, bist du als nanny wieder gefordert. warum kampfjet? warum so schnell? warum angreifen? papi, was ist krieg?
au weia. die grossen philosophischen fragen. unsere kinder geniessen den luxus, in einer quasi gewaltfreien und heititei-alle-sind-glücklich-konstruierten schönweltblase zu leben. räuber und piraten kommen bisweilen darin vor, aber die sind vorwiegend witzig. oder zumindest harmlos.
und dann kommst du in die situation, deinen kindern erklären zu müssen, dass wir menschen im prinzip bestien im nadelstreifenanzug sind. 99,5% evolution mit höhle und grunzen und auf-die-fresse, 0,5% zivilisation und knigge. schwierig in einfache worte zu kleiden.
sehen den schiffen zu. einparken, container umladen, schlepper usw. – schön irgendwie.
der nachmittag wird von teils heftigen gewittern bestimmt. immerhin, ian bekommt ein spätes schläfchen, alex die 84. wiederholung von „mullewapp“ und papi seinen ersten richtigen gewitterblitz auf sensor. ca. 20 anläufe, das geht.
einfach nen polfilter draufgeschraubt, weil er licht frisst, laaaange belichtungszeit und zackbumms isser da. geht. für nen anfänger.
vorhin noch nebenan ein paar kaufschuhe erstanden. muss sport machen. können hier im haus kostenlos einen fitnessraum nutzen. der ist fies heruntergekühlt, aber ich schwitze dennoch. 328 kalorien. dafür 30 minuten im gemässigten trab aufm laufband. klein anfangen. beim versuch, mich während des laufs abzutrocknen, verheddere ich mein kopfhörerkabel mit dem handtuch. lege mich beinahe kapital auf die fresse, kann mich aber fangen. da hier alles und jeder permanent überwacht wird, verdiene ich sicher ab morgen millionen mit meinem linkisch komödiantischem talent. bei youtube oder so. eine asiatin neben mir verzieht keine miene. eina paar muckibildende hilfsmittel stehen auch herum. also macht vatti noch ein wenig geräteturnen. hinterher kleine pause draussen am pool. es ist warm und schwül. erwähnte ich das?
schönen abend
aus singapur
vom
thom
Lieber Thomas,
jeden Deiner Berichte lese ich immer 2 x hintereinander. Nochmals: Du schreibst so witzig und plastisch, dass ich die Situationen vor Augen habe. Du auf dem Laufband kurz vor Hinknallen – zum Brüllen, wenn ich mir vorstelle, wie Du Dich gerade noch abgefangen hast.
Hier war heute der 1. richtige Herbststurm mit Windstärke 9. Für die Küste sind Unwetterwarnungen durchgegeben worden. Hier geht es also herbstmäßig richtig los, während Ihr bei 30° schwitzt. Ich kann sich das gar nicht vorstellen.
Ich sende Michaela eine Mail mit Herbstfotos und speziell für Alexander ein Foto von der Geli mit Tatzi Tatz aus dem Zoo von gestern – als die Sonne noch so schön schien …
Liebe Grüße von Eurer Geli