gastbeitrag einer gastarbeiterin

auf mehrfachen wunsch trete ich die redezeit heute einmal an meine werte gattin ab. die soll auch mal erzählen, schliesslich haben wir sie ja mitgeschleppt:

 

Hallo zusammen!

Ja, ich bin auch mit in Singapur! Und während sich Thom mit den Jungs verlustiert, sitze ich fröstelnderdings im Büro und schufte, dass die Schwarte kracht.

So oder ähnlich lässt sich die Arbeitsteilung wohl zusammenfassen. Aber mal im ernst: Thom wird von der Brut in Beschlag genommen und muss sich selbst seine Pipi-Pausen schwer verdienen, während ich mit einem Teechen vor dem PC hocke und irgendwelchen Blödsinn in die Tasten haue.

Will ich tauschen? Nur manchmal. Vielleicht 🙂

Ich schildre euch jetzt mal so einen typischen Arbeitstag von mir.

Einen Wecker brauchen wir nicht. Wir haben Kinder. Early Birds. Und nachdem die abgefüttert und angezogen sind, mache ich mich auf meinen 15minütigen Fußmarsch zur Arbeit. Das ist für Singapurer Verhältnisse quasi um die Ecke. Und das ist es ja auch. Ich schlappe mit Flip Flops an den Füßen und meinen Ballerinas in der Tasche durch die morgendliche schwülwarme Luft. Es ist unglaublich voll. Überall Asiaten. Und zwischendrin auch immer mal ein paar Europäer. Hier gibt es sehr viele hübsche Asiatinnen. Das fällt schon auf. Thom hat sich bestimmt noch nicht getraut, das zu schreiben 🙂

Der Bürokomplex – also das Hochhaus – in dem ich arbeite, liegt im Shenton Way. Und Chinatown liegt wiederum um die Ecke, aber dazu gleich mehr. Die NORD/LB ist in der 16.Etage ansässig. Ungefähr 50 Mitarbeiter sind vor Ort tätig. Ganz viele Asiaten, einige Europäer, vorwiegend Deutsche. Na klar. Wir reden ja von der NORD/LB.

Mein Büro ist okay. Ich vermisse nur ein Fenster nach draußen. Mein Fenster eröffnet mir den Blick in den Flur. Nur wenn ich über den Flur hinweg durch das Büro der Vorzimmerdame des hiesigen Chefs hinweg schaue, kann ich die Welt da draußen erahnen. Wenn ich mich recke, sehe ich sogar Schiffe, denn ihr Fenster eröffnet den Blick zum riesigen Hafengelände.

Die Systeme hier funktionieren einwandfrei, sind nur extrem träge. Schließlich logge ich mich über das Internet auf meinem Rechner in Hannover ein. Ganz wie beim Home Office von zu Hause. Nur klappt das Anmelden hier deutlich besser… Egal.

Da sich die Mitarbeiter hier vorwiegend mit Kreditgeschäft in den Sektoren Shipping und Aviation beschäftigen, bin ich als Financials Analyst hier ein Außenseiter. Da ich auch keiner Gruppe zugeordnet bin, sondern vor mich hin mokele, ist es hier auch manchmal etwas einsam. Zum Glück telefoniere ich jeden Morgen (bei mir Nachmittag) mit meiner lieben Kollegin Melli. Da merke ich dann, dass ich auch eine Stimme habe. Die brauche ich hier nämlich nur während der Mittagspause, um Essen zu ordern. Und da wären wir wieder bei Chinatown. Zum Speisen habe ich es mir angewöhnt, einen Food Court aufzusuchen. Da stehen ganz viele kleine Buden dicht an dicht und preisen ihre Mahlzeiten an. Und damit das alles hygienisch zugeht, hat der Ober-Singi irgendwann beschlossen, dass sich die Buden in einem Gebäude zusammenschließen und nicht irgendwo am Strassenrand ihre Speisen feilbieten. Außerdem gibt es auch Hygienesiegel. Mit A- (best in foodhygiene oder so ähnlich) und B-Noten.

Nach einem Erlebnis der etwas anderen Art (Thom berichtete von der Mahlzeit, die mich anschaute) mache ich einen großen Bogen um chinesische Stände. Da bin ich mir einfach nicht sicher, WAS die da eigentlich auftischen. Dafür habe ich 2 köstliche Thais entdeckt. Ich liebe meine Mittagspause. Ich esse entweder grünes oder rotes Curry. Langweilig? Nein! Köstlich!! Ich habe auch schon ein paar mal was anderes beim Thai probiert. Nichts kommt an die Curries ran. Daher werde ich sie so lange verspeisen, bis sie mir aus den Ohren hängen oder ich selbst zum Thai werde. Nach dem wirklich preiswerten Essen (Curry kostet so etwa 2,60 Euro) genehmige ich mir einen frisch gepressten Saft. Mein Favorit: Orange-Passion Fruit. Also Maracuja. Und das ganze für schlanke 1,20 Euro. Food Courts sind aberoffensichtlich der einzig günstige Ort in Singapur. Alles andere ist SCHWEINETEUER.

Nach dem Mittag geht es also wieder ins Büro. Schnell Strickjacke überziehen. Ist so fies runtergekühlt. Völlig bekloppt! Dann weiter mokeln, mit Melli telefonieren, abstimmen und bald nach Hause gehen. 7 Stunden Zeitunterschied sind bei gemeinsamen Projekten nicht ganz so einfach zu handhaben… Wenn ich dann bei unserer Residenz ankomme, sind die Jungs meist noch am Pool. Es sei denn es regnet. Dann sind alle schlechtgelaunt oben. Aber ich freue mich trotzdem auf sie.

Schließlich war ich den Großteil des Tages selbstbestimmt 🙂

Liebe Grüße aus Singapur,

von Michel

arbeitsplatz I

internet

Ein Gedanke zu “gastbeitrag einer gastarbeiterin

  1. Hallo Michel,

    Ich habe mich schon gewundert. Thom erwähnte Dich eher am Rande, auf einigen Bilder bist du ja auch zu sehen. Die weekendausfluege. Aber das ist auch ok, denn es ist ja auch eher seine Tagebuchausführung als Nanny. Die Brutaufzucht, – Haltung und (hihi) Bändigung.

    Liege verschnupft im Bett und finde somit Zeit mir die Logbucheintragungen zu Gemüte zu führen.

    Da ich den selben Home „Job“ wie Thom ausfuehre, weiss ich wie es ihm geht. Da meine Doerthe den Outdoor“Job“ macht so wie Du, kann ich aber auch gut nachempfinden wie dir es geht. Eben auch ohne die Kids zu sein, und evtl. Etwas neidisch auf das was die drei Männer von der Tanke so erleben tagsüber zu gucken. Es ist mehr als spannend zu beobachten, wie durch den Rollen und Geschlechter Tausch witzige diskusionen entstehen.
    Ich muss mich schon oft zusammen nehmen, wenn Doerthe mal wieder nich pünktlich nach Hause kommt von der Arbeit,Ich am gedeckten Abendbrottisch mit den rausgeputzten durchgespassten Hausaufgaben entfertigen Kindern warte….
    Aber es ist wie schon sagtest: schön. Und zwar für beide.
    Ich als maennliche Mutter kann nur jedem Mann empfehlen, den Mut zu haben Nanny zu werden. Die Bindung die ich jetzt im letzten halben Jahr wo ich das mache zu meinen Mädels bekommen habe ich unbezahlbar. Thom und die Herzbuben werden das wissen, sowas gibt eine Tiefe an Liebe und Zuneigung. Ich ziehe den Hut vor jeder Mutter, die bewusst arbeiten geht, und ihre Brut dem Mann übergibt. Beide und auch die Kinder gewinnen.

    Bleibt geschmeidig

    M.

    Da Doerthe aber wie Du den

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